Blog Post

Das Ende der WarpedTour

Sept. 17, 2019

So long and thanks for all the shoes...

Vor wenigen Wochen fand in den USA das allerletzte WarpedTour Konzert statt. Nach 25 Jahren endete damit ein Stück Punkrockgeschichte. Die Jährliche Tour quer durch Nordamerika hat nicht nur Hundertausende US-Kids eine Tür in die Punk- und Hardcoreszene geöffnet, sondern auch für mich.

Am 3. Juli 1999 stand ich in Oakland Kalifornien am Bühnenrand als dort bei der WarpedTour Bands wie Pennywise, Blink182, Bouncing Souls, Suicidal Tendencies, Lunachicks und Eminem (!) auftraten. Ich war später noch viele Male bei der WarpedTour, in den USA und auch in Deutschland. Aber dieses beeindruckend wie an diesem Sommertag war es nie wieder. ( Hier ein Video von der WarpedTour '99, andere Stadt. Und noch eins von Blink182.)

Es herrschte eine wahnsinnige Hitze auf dem Parkplatz des alten Baseballstadiums der Eastbay Problem-Stadt Oakland. Am Nachmittag hatte ich für ein Fanzine aus Deutschland ein Interview mit Less Than Jake gemacht und konnte mir danach alle Bands in Ruhe anschauen. Anders als Zuhause, herrschte (wie in den USA üblich) striktes Alkohol-Verbot. Trotzdem drehten auf und vor der Bühne alle durch. Backstage hatte man das Gefühl, dass hier wirklich alle Musiker und Crewleute eine große Familie sind.

Als Pennywise schließlich auftraten, rasteten alle komplett aus. Ein Meer aus Crowdsurfern flutete den Graben. Jedes Wort wurde mitgesungen. Mitten im Set verschenkte die Band ihr neues Live-Video (als VHS-Kassette!). Sänger Jim Lindberg warf mit voller Kraft eine Videokassette ins Publikum. Das Teil flog aber wie eine Frisbee locker 100 Meter weit über die Köpfe der Fans hinweg und zerschellte weit entfernt auf der Halfpipe. Heute hätte es davon später hunderte Instagram-Stories, Youtube Videos etc. gegeben. Doch danke fehlender Smartphones blieb dieser Moment einfach nur eine Erinnerung, die man später Freunden erzählen konnte, was ich bis heute immernoch gerne tue. Bei Bro Hymn holten Pennywise dann ohne Ende Kids aus dem Publikum auf die Bühne. Ein komplettes Chaos. Zumindest davon (wenn auch andere Stadt der Tour) gibt es Videos.

Nachts auf dem Heimweg nach Berkeley gingen mir die Bilder des Tages nicht aus dem Kopf. Spätestens da wurde mir klar, dass mich diese Musik nie wieder loslassen würde.

Die kommenden Jahre wurde die Tour immer größer. Bald gab es sie auch in Australien, Europa und Japan. Immer größere Sponsoren stiegen ein. Am Ende bekam sogar die US-Army (sic!) für viel Geld einen Stand und versuchte (meist erfolglos) Konzertbesucher zu rekrutieren. Dafür gab es zu recht viel Kritik.

Klar, schon damals waren die ganzen US-Bands für uns der wichtigste Einfluss. Wann immer große Bands wie NOFX, Lagwagon, Mighty Mighty Bosstones in einem Radius von 200km um unsere alte Heimatstadt Göttingen herum auftraten, fuhren wir mit mehreren Autos hin. Aber natürlich auch zu jeder kleinen Band in der Umgebung.

Kein Facebook, kein Instagram, kein Garnichts. Damals konnte man nie wissen wie groß das Konzert werden würde. Alles war ein Abenteuer.
Wir sahen damals AFI vor 50 Leuten als Vorband von Good Riddance. Oder Lagwagon, (die eigentlich Blink182 als Support haben sollten die aber kurzfristig abgesagt hatten).

Bei der WarpedTour hingegen hatte man 40 Bands auf einem Haufen, von denen man immer sicher sein konnte das (fast) alle gut sein würden. Hinzu kam die Verbindung von Skaten mit der Musik, die ebenfalls genau unser Ding war. Außerdem war die WarpedTour eine der ersten kommerziellen Musikveranstaltungen, die ganz bewusst Soziale Projekte und NGOs einlud ihre Stände aufzubauen, um den Kids zu zeigen, dass es um mehr als nur Musik geht.

Als die WarpedTour endlich nach Deutschland kam, war für uns völlig klar, dass wir da irgendwie dabei sein müssen. Da wir natürlich keine Chance hatten drinnen zu spielen, packten wir auf dem Parkplatz unseren Generator aus und spielten dort, bis die Polizei uns den Strom abschaltete. Es war großartig.

Obwohl die Tour über die Jahre in den USA Riesen groß wurde, blieb die simple Grundidee bis zum Ende erhalten: man holt die ganz großen und ganz kleinen Bands aus der Hardcore und Punkszene für einen Sommer-Reisezirkus zusammen und gibt den Kids aus den Städten die Chance neuen Sound zu entdecken. Acht Wochen Tour, knapp 500 Musiker auf neun Bühnen, 500.000 Zuschauer. Über die WarpedTour wurden so viele Junge Leute für Punkrock begeistert, dass man trotz aller Kritik Gründer Kevin Lyman einfach dankbar sein muss.

Nur eines nehme ich der WarpedTour bis heute übel: ich musste 2008 in Pittsburgh gemeinsam mit Chris#2 von Anti-Flag Nachmittags um drei Katy Perry auf der Bühne ertragen. Das war wirklich furchtbar...

Mach‘s gut WarpedTour. Es war eine tolle Sause!
Joshi

(Leider habe ich meine Fotos von 1999 nicht mehr gefunden. Bilder oben von 2012, als ich mit Flori Anti-Flag bei der WarpedTour San Francisco besucht habe)

Share by: